Montag, 8. August 2011

D.W.Ü.D.W. - Das schwarze Fanal


von Thomas Steinschneider

Alles geht den Bach runter. Vielleicht muß man an dieser Stelle doch noch mal auf die Herkunft von Jan Fleischhauer zu sprechen kommen. Wir erinnern uns, das ist dieser immer etwas sauertöpfisch dreinblickende Mann mit der intellektuellen randlosen Brille. Fleischhauer ist Europäer. Das spricht nicht gegen ihn, neinneinnein! Europa hat eine lange, stolze Tradition im Weltkriegemachen, Kolonialisieren und herrlich deprimierender Literatur (Sartre! Kierkegaard! Charlotte Roche!). Wer noch nicht da war, der sollte mal hinfahren, das Rückflugticket aber auf keinen Fall vergessen, sonst kommt er gar nicht erst rein.

Europa zählt zu den Zwergkontinenten an der Peripherie der eurasischen Landmasse und hat in der jüngeren Vergangenheit voll abgekackt. Im Regen in der Mitte des Kontinents wohnen die fleißigen Deutschen und arbeiten. Also, zumindest die Westdeutschen arbeiten, die Ossis haben sich ihre Bananen auch nur vom Soli bezahlen lassen. Aber nehmen wir die aus der Zone auch mal mit. Sogar die Franzosen holen wir mal ins Boot, dabei sitzen die auch nur den ganzen Tag in der Brasserie rum und saufen Rotwein. Wo war ich? Ja, die da im Regen arbeiten, und verdienen sich ihren Urlaub im sonnigen Süden wahrlich hart genug. Und die Gastgeber im sonnigen Süden, die wiederum hängen rum und verprassen das Bußgeld, daß der hart arbeitende deutschfranzösiche Urlauber fürs Wildpinkeln abdrücken muß. Ja, in manchen Orten wird vom deutschen Urlauber gar verlangt, seinen Oberkörper zu bedecken, um im Restaurant bedient zu werden! Selbst ein Fleischhauer musste schon mal fürs Wildpinkeln Strafe zahlen. Da meinen manche, er sollte sich mal ganz klein machen, wenn derzeit in Europa darüber nachgedacht wird, wie man den Nordländern mal ordentliche Manieren beibringen kann.
Aber so bescheiden kann man das als Spiegel-Kolumnist natürlich nicht sehen. Denn das auf-den-Strand-pissen gehört aus Berliner Sicht zu den Dingen, die einen Urlaub in Südeuropa erst so richtig schön machen. Notfalls säuft man einfach noch ein bisschen mehr Sangría.

Für die Kommunisten, 68er und Kulturmarxisten liegt das Heil jetzt in einer Art Super-Überwachungsstaat, der die Differenzen, die sich aus dem pissen und bepisst werden ergeben, weitgehend einebnet. Viel ist vom friedlichen Miteinander in Europa die Rede, den Verpflichtungen, seinen schwabbeligen, verbrannten Bierbauch zu bedecken und nicht auf die Strandpromenade zu kotzen. Das alleine sollte einen skeptisch machen. Wenn die unterschiedliche Leistungskraft von Kolumnisten in den einzelnen europäischen Staaten sich nicht mehr im Recht auf hemmungsloses Saufen, Grölen und Pissen in den europäischen Urlaubsregionen auszahlt, dann läuft etwas schief. Sehr schief. Tatsächlich besteht zwischen Urinierverboten, Bekleidungszwang und Enteignungswille ein enger Zusammenhang, wie man aus der Vergangenheit weiß. Oder zumindest doch aus der Zukunft lernen wird.

Der Autor...
... leistet extrem viel, und sein Urin riecht nach Veilchen. Deshalb kann er mit gutem Gewissen sowohl auf die faulen Südlander schimpfen, als auch auf deren Strände pinkeln. In vielen Jahren als Wirtschaftskorrespondent im Urlaub hatte er dazu auch viel Gelegenheit. Seit 2005, pünktlich zum langen Abschied von der Loveparade, wieder in Berlin, pinkelt er auch ganz gerne mal in den Tiergarten.

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