Dienstag, 5. August 2014

Zahlen in der Finsternis

Was sind das nur für Menschen? Jene Menschen, die tatsächlich die Nummer ihrer Pupsimarkt-Treuepunkte-Kundenkarte auswendig kennen? Als sei es nicht schon befremdlich genug, wenn Menschen sich offenbar so sehr über ein paar Treuepunkte freuen können, daß sie dafür ihren Groß-Einzelhandelskaufmann gerne über ihren ganz persönlichen Verbrauch an Zahnbürsten, Klopapier und Fusel auf dem Laufenden halten! Aber inzwischen begegnen mir an der Supermarktkasse immer häufiger Personen, die auf die Frage, ob sie denn eine Kundenkarte hätten, nicht erst langwierig und umständlich in ihren Sachen herumkramen müssen. Sondern die ihre, ich glaube neunstellige, Kundenkartennummer aus dem Effeff herunterrasseln können, auf daß die Kassiererin sie eintippen möge. Was sind das für Menschen? Wie muß man sich solche Leute in, sagen wir mal, vierzig Jahren vorstellen? Wenn der hirnorganische Verfall erst einmal genug Löcher in die graue Masse gefressen hat, werden sie sich nach einer Stunde nicht mal mehr erinnern können, ob sie ihren Frühstückshaferschleim aus der blauen oder der roten Schnabeltasse gelutscht haben. Aber das Langzeitgedächtnis verabschiedet sich als Letztes. Und so werden sie ihrer moldawischen Altenpflegerin nach jeder Pillenausgabe, das Gesicht von einem zahnlos zufriedenen Lächeln erfüllt, die Nummer ihrer jahrzehntelang gepflegten Treuepunkte-Kundenkarten vom Supermarkt zur Kenntnis geben...
Manchmal macht einen der Gedanke daran, was beim Einbruch der Dunkelheit vom menschlichen Leben bleibt, so unendlich traurig.

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